Woher kommt der Schimmel nach dem Austausch der Fenster?
Viele haben von diesem Umstand schon einmal gehört oder sind sogar selber betroffen. Nach dem Austausch der Fenster (meist zu einem besseren Standard hin) fangen die Außenwände, vornehmlich die Ecken von innen an zu Schimmeln. Als Gegenmaßnahme wird dann häufig empfohlen, man solle einfach die Dichtungen der Fenster zerstören. Der Grund für den Schimmel sei nämlich die nun fehlende “Zwangsbelüftung” durch die neuen und entsprechend luftdichten Fenster.
Aber stimmt das tatsächlich? Nein!
Das Problem auf das wir hier stoßen ist im Regelfall kein Lüftungsproblem – sondern ein Temperaturproblem. In diesem Artikel erfahrt ihr die wirklichen Umstände, die zum Schimmel führen und was ihr am besten dagegen tun könnt.
Mein Video zum Thema
Diagramm Luftfeuchte und Taupunkt
Dies ist nur eine kurze Erläuterung zu diesem “Phänomen”, wenn ihr mehr über dieses Thema wissen wollt, schaut in unseren Artikel über den Taupunkt – da ist alles etwas ausführlicher erklärt.
Was man fürs Verständnis wissen sollte ist, dass in der Luft grundsätzlich ein gewisser Anteil Wasserdampf enthalten ist. Dazu kommt der Umstand, dass die Luft in Abhängigkeit von Druck und vor allem der Temperatur, nur eine gewisse Menge an Wasserdampf aufnehmen kann. Hier spricht man von der “relativen Luftfeuchte”.
Warme Luft kann grundsätzlich mehr Wasser(-dampf) aufnehmen als kalte Luft. Das könnt ihr auch sehr gut im nebenstehenden Diagramm erkennen. Übersteigt die relative Luftfeuchte den Wert 100% so kondensiert das Wasser – diesen “Punkt” nennen wir im Allgemeinen “Taupunkt”.
Man sollte sich hier ganz allgemein merken, dass die relative Luftfeuchte steigt, wenn man die Luft abkühlt. Es ist also in Wohnräumen stets problematisch, wenn die “warme” Luft stark abgekühlt wird denn hierbei kann relativ schnell der Taupunkt erreicht werden was dazu führt, dass das Wasser kondensiert und so möglicherweise Feuchteschäden verursacht.
Dieses Problem tritt beispielsweise im Winter auf, wenn warme Luft auf kalte Flächen, wie z.B. das Fenster trifft. Aber auch im Sommer, wenn man beispielsweise mit einer Wärmepumpe im Kühlbetrieb über eine Flächenheizung die Räume herunterkühlt – hier muss immer auch eine Überwachung der relativen Luftfeuchte stattfinden.
Nehmen wir einen Beispielfall anhand des Diagramms:
Wir haben einen Raum mit 20°C Raumtemperatur und 60% rel. Luftfeuchte. Kühlen wir diese Luft um nur 5°C ab, steigt die rel. Luftfeuchte bereits auf 80%. Bei einer Temperatur von etwa 11°C sind dann 100% rel. Luftfeuchte erreicht und der Wasserdampf beginnt zu kondensieren.
Warum sind jetzt neuer Fenster die Ursache für Schimmel?
Als Ausgangslage nehmen wir einen “typischen” Altbau mit einer ungedämmten Außenwand. Ein solches Mauerwerk kommt je nach Aufbau und Ausführung (Vollziegel, Hohllochziegel usw.) auf einen U-Wert zwischen 1,5 und 2,0 W/m²K. (Der U-Wert soll uns hier nur zur Orientierung dienen). Im Winter bei einer Außentemperatur von -10°C haben wir im Innenraum eine Lufttemperatur von 23°C bei einer relativen Luftfeuchte von maximal 60%.
Unsere “aktuellen” Scheiben sind alte Doppelglasfenster mit einem U-Wert von rund 2,0 bis 3,0 W/m²K. Man sieht schon, der U-Wert der Fenster ist in der Regel “schlechter” als der U-Wert der Wand. Das führt dazu, dass die Oberfläche der Fenster stets kälter ist als die Oberfläche der Wand.
Im nebenstehenden Bild sehen wir die “ungefähren” Temperaturen” – Die Wand liegt im vorliegenden Fall bei rund 15°C und auch die Ecke kommt noch auf etwa 12°C. Das Fenster ist mit 11°C (oder weniger) die kälteste Fläche im Raum. Wenn also die Luftfeuchte steigt (oder die Raumtemperatur sinkt), so wird der Wasserdampf der Luft immer an der Fensterscheibe kondensieren! Die Wände bleiben trocken, es gibt keine Gefahr für Schimmel.
Temperaturverhältnisse bei alten Fenstern
Temperaturverhältnisse bei neuen Fenstern
Tauschen wir nun bei gleichen Verhältnissen die Fenster gegen “moderne” Doppel- oder Dreifachverglaste Fenster. So ändern sich genau diese Temperaturverhältnisse. Ein Doppelglasfenster mit “Wärmeschutzverglasung” kommt auf einen U-Wert von rund 1,1 bis 1,7 W/m²K. Ein Dreifachglasfenster sogar auf U-Werte um 0,7 bis 1,0 W/m²K. Unsere ungedämmte Wand hat allerdings immer noch einen U-Wert von “nur” 1,5 bis 2,0 W/m²K.
Dazu kommt noch ein weiter Effekt. Dadurch, dass die neuen Fenster zum einen luftdichter und bedingt durch die geringe Wärmeleitfähigkeit noch eine “wärmere” Oberfläche besitzen, kann in der Regel die Temperatur der Raumluft etwas abgesenkt werden. Die Reduzierung der Raumtemperatur von z.B. 23°C auf 21°C (bei gleichem “Behaglichkeitsgefühl”) führt in diesem Fall schon mal grundsätzlich zu kühleren Außenwänden.
Insgesamt folgt nun eine “Verschiebung” der Temperaturniveaus. Ihr seht dies wieder im nebenstehenden Bild. Nun ist das Fenster die wärmste Fläche im Raum. Die Wand kühlt durch die geringe Raumtemperatur von vorher 15°C auf etwa 13°C ab und die Ecke kommt schnell in einen Bereich von unter 11°C. Die Folge ist also, dass sich die kältesten Flächen nun nicht mehr am Fenster, sondern in der Raumecke befinden.
Was daraus folgt, liegt auf der Hand: Wenn der Wasserdampf aus der Luft kondensiert, dann nicht mehr am Fenster, sondern in der Raumecke. Sind nun die Umgebungsverhältnisse ebenfalls “ungünstig”, so hat der Schimmel nun meist alles was er zum Wachsen benötigt.
Hilft mehr Lüften gegen den Schimmel?
Schimmel in der Ecke eines Zimmers
Das allererste, was man in diesem Zusammenhang immer hört, ist: Lüften!
Da die neuen Fenster ja nun luftdichter sind, als die alten Fenster vorher braucht man jetzt einfach nur mehr zu Lüften und schon ist das Problem beseitigt. Was auch sehr gerne vorgeschlagen und sogar in der Praxis angewendet wird, ist das absichtliche Beschädigen/Entfernen der Fensterdichtungen der neuen(!) Fenster. Von solchen Praktiken möchte allerdings dringend abraten!
Beides führt auf lange Sicht leider nicht zum Erfolg. Wie wir ja bereits festgestellt haben ist die eigentliche Ursache kein Lüftungsproblem – sondern ein Temperaturproblem. Gelüftet haben wir vorher (mit alten Fenstern) auch (sonst hätten wir auch vorher bereits Probleme mit Schimmel gehabt).
Wir könnten natürlich durch extremes Lüften die Luftfeuchte in einem Bereich halten, dass die Luft nicht in den nun kalten Ecken kondensiert – das gleicht aber ein Kraftakt gegen die Bauphysik, den wir auf lange Sicht nicht gewinnen können.
Es stimmt natürlich, dass uns die “Zwangslüftung” der alten, undichten Fenstern fehlt und dadurch die rel. Luftfeuchte der Raumluft möglicherweise schneller in einen “kritischen” Bereich von 65% oder darüber ansteigt. Das Problem mit der Kondensation an den Wänden ist und bleibt jedoch ein Temperaturproblem.
Die Einzige “sinnvolle” Lösung ist im vorliegenden Fall also eine Erhöhung der Wandtemperatur. Nur so kann eine Kondensation der Luft an den Außenwänden vermieden werden.
Was wären mögliche Lösungsansätze?
Montage eines neuen Fensters im Altbau
Es empfiehlt sich grundsätzlich, einen Fenstertausch nicht als alleinige Maßnahme durchzuführen. Wie wir bereits festgestellt haben, führt das zu Problemen bei den daraus resultierenden Änderungen der Oberflächentemperaturen. Ein Fenstertausch sollte daher nur im Zusammenhang mit einer gleichzeitigen Dämmung der Außenwand durchgeführt werden.
Eine entsprechende Dämmung sorgt für eine höhere Oberflächentemperatur der Innenseite der Außenwand und reduziert damit das Schimmelrisiko auf quasi Null.
Aber wie erhöhe ich nun die Innentemperatur der Außenwände? Hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Das Naheliegendste ist natürlich eine Dämmung der Wand vorzunehmen. Außendämmung, Kerndämmung und auch Innendämmung sind alles Maßnahmen, die zur Erhöhung der Wandtemperatur führen.
Möglich wären auch “aktive” Mittel wie z.B. Infrarotstrahler, Wandheizungen usw. Allerdings benötigen wir für deren Betrieb entsprechend Energie was über die Zeit zu ziemlich hohen Kosten führen kann. Wir werden uns diese Möglichkeiten noch einmal in eigenen Artikeln genauer anschauen. Hier halten wir erst einmal fest, dass eine Dämmung an dieser Stelle wohl die “effektivste” Maßnahme zur Erhöhung der Wandtemperatur darstellt.
Ungedämmte Wand
Links der (grobe) Temperaturverlauf einer ungedämmten Außenwand. Man sieht sehr schön, dass bereits bei einer Außentemperatur von -5°C die Innenseite der Wand bei etwa 14°C liegt (Bei einer Raumtemperatur von 20°C).
Auf der rechten Seite die gleiche Wand bei gleicher Außentemperatur mit einer vergleichsweise einfachen Außendämmung (18cm Seegras). Die neue Temperatur der Innenseite der Wand liegt nun bei etwa 19°C – hier ist ein Kondensieren des Wasserdampfs komplett ausgeschlossen.
Diese Darstellung kann jeder für seinen eigenen Wandaufbau bei www.ubakus.de selber durchrechnen. Die Webseite empfehle ich für jeden, der generell etwas tiefer in die Materie eintauchen möchte.
Gedämmte Wand
Alternative “Notlösungen”
Es gibt natürlich immer mal “Grenzfälle” in denen man möglicherweise auf eine (teure) Dämmmaßnahme verzichten kann. Die hier vorgestellten Ansätze stellen daher keine allgemeingültigen Lösungen vor, sondern lediglich “Notlösungen” die eventuell unter einigen Randbedingungen funktionieren können.
Im Zweifelsfall sollte man einen Fachmann zurate ziehen und z.B. eine Taupunktberechung durchführen lassen.
Notlösung #1 – Möglichst “schlechte 2-fach verglaste Fenster einbauen
Diese Praktik wird häufig in Internetforen und diversen Facebook-Gruppen empfohlen. Man solle einfach nur “schlechte” Zweifachglasfenster nehmen und dann gäbe es keine Probleme.
Dieser “Tipp” ist allerdings mit Vorsicht zu genießen. Haben wir ein wirklich altes Mauerwerk (wie im obigen Beispiel) so werden auch “schlechte” Zweifachglasfenster immer noch einen besseren U-Wert als die Wand und damit eine höhere Oberflächentemperatur besitzen.
Ist unser Mauerwerk allerdings auf einem etwas neuerem Stand, so könnte es auch ohne eine Dämmung funktionieren. Hier würde ich immer eine genaue Betrachtung des vorliegenden Mauerwerks durch einen Fachmann empfehlen.
Kondensiertes Wasser am Fenster
Notlösung #2 – Verwendung von “Klimaplatten” im Innenraum
Kalziumsilikatplatten, auch als “Klimaplatte” bezeichnet, haben die Eigenschaft Wasser zu puffern und besitzen einen sehr hohen pH-Wert. Diese Eigenschaften können in Räumen helfen, die eventuell nur temporär in kritische relative Luftfeuchtebereiche kommen wie beispielsweise Küchen, Schlafzimmer oder Hauswirtschaftsräume.
Die Klimaplatten können in diesem Fall das anfallende Tauwasser speichern und später (wenn die Luftfeuchte wieder abfällt) wieder an den Raum abgeben. Durch den hohen pH-Wert der Platten hat der Schimmel keine Chance auf Wachstum.
Das funktioniert aber nur für spezielle Räume und sollte daher ebenfalls vor Ort entschieden werden. Mehr über Klimaplatten erfährst du auch in unserem Artikel über Kalziumsilikatplatten.
Notlösung #3 – Einbau einer dezentralen Lüftungsanlage
Diese Möglichkeit kann im Prinzip auch nur bei Räumen in Betracht gezogen werden die temporär einen kritischen Wert bei der rel. Luftfeuchte erreichen. Besonders Badezimmer sind hierfür prädestiniert.
Beachten sollte man aber auch die Auswirkung dieser Räume auf eventuelle Nebenräume. Liegt das Badezimmer ungünstig ,so kann die hohe Luftfeuchte z.B. nach dem Baden oder Duschen in andere (kühlere) Räume gelangen und dort für einen Anstieg der Luftfeuchte sorgen.
Abhilfe kann eine dezentrale Lüftung oder Abluftanlage im betreffenden Badezimmer schaffen. Diese schaltet sich beispielsweise ein, wenn die Luftfeuchte ansteigt und “entsorgt” die Luftfeuchte direkt nach Außen.
Mehr Informationen zu dezentralen Lüftungsanlagen findet ihr auch in unserem entsprechenden Artikel!
Kleine Helfer zur Problemfindung und Lösung
Wer Schimmelproblemen auf den Grund gehen oder abschätzen möchte, ob es durch den Einbau von neuen Fenstern eventuell zu solchen kommen kann, der sollte über die Anschaffung eines Infrarot Temperaturmesser und eines Hygrometers nachdenken. Diese Geräte sind nicht teuer, helfen euch aber sehr gut zu erkennen, ob eure Sanierungsmaßnahmen zu Problemen führen können.
Nebenstehend findet ihr ein paar ausgesuchte Messgeräte (es handelt sich dabei um Amazon Affiliate Links).
Solltet ihr zufällig selber ein gutes Gerät zu diesem Thema kennen schreibt mir bitte damit ich es hier aufnehmen kann!
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Moin moin zusammen! Ich bin “Der Fachwerker” und betreibe neben meinem YouTube Kanal zusätzlich auch noch diese wundervolle Webseite!
Ich kümmere mich um die Organisation und die Technik der Webseite und schreibe natürlich auch die Artikel.
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Letzte Aktualisierung: 04.05.2021
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